Kritik am Erfolg von Entwicklungshilfe, ist derzeit leise in Bezug auf die grosse Politik der Laender – korrupten Politikern, mangelnden Demokratien und Buergerkriegen wird gerade mal weniger die Schuld zugewiesen. Im Trend sind jetzt Stimmen, dass das viele Geld die Entwicklungslaender faul und abhaengig gemacht hat, dass es nun an Attitute (deutsch: Einstellung) hier mangelt und dass Entwicklungshilfe daher besser eingestellt werden solle, der „harte“ Weg… Nun wird die Schuld nicht mehr an einzelnen Politikern festgemacht, nun sind alle Afrikaner kollektiv daran schuld!
Und die Ugander glauben das auch, dass sie selber schuld sind… ich hatte da erst gestern wieder eine Rundmail aus dem Buero von meinem Mann (da arbeiten 35 Ugander) unter dem Titel „African Attitude“. Gehirnwaesche! Erst die Missionare, dann die Englaender, spaeter die Entwicklungsdienste und jetzt?
Aber nirgendwo kann ich einen Diskussionsbeitrag finden, wo sich mal irgendjemand die Frage stellt, wo sind Entwicklungsdienste eigentlich schuld? Was macht Entwicklungsdienst falsch?Wir haben hier in Uganda so um die 850 diverse Entwicklungsorganisationen rumspringen, die alle in irgendeine andere Richtung ziehen. Selbst die Koordination unter einem Dach (Land) ist schon schwierig, geschweige denn mit den anderen: Totale Ueberforderung der Entwicklungslaender!
Auch sollte mal die Frage gestellt werden, was fuer Leute schicken wir eigentlich raus in Entwicklungsdienst? Was fuer Leute sind denn das eigentlich, die fuer 50 Jahre fehlgeschlagene Entwicklung verantwortlich sind?
Ich habe keine genauen Zahlen, keine Statistiken, nur so ein “Bauchgefuehl”, aber wenn ich mich mal so umsehe, ist der berufliche Hintergrund der Mehrheit meiner Expatriat-Kollegen oeffentlicher Dienst oder Grossunternehmen (also pseudo-oeffentlicher Dienst) – denn das ist der einzige Arbeitgeber, wo es kein Problem ist, sich mal fuer 2 (bis max. 5 Jahre) freistellen zu lassen mit der Sicherheit, dass der Arbeitsplatz in der Heimat warmgehalten wird. Gespraeche mit langjaehrigen Expats wie auch mit meiner Partnerorganisation (die mittlerweilen 8 Jahren “Entwicklung” ausgesetzt ist) bestaetigen, dass das auch immer so war.
Die zweite grosse Gruppe sind Personen, die sich Entwicklungsdienst zum Beruf gemacht haben, und welche in verschiedenen Projekten, in verschiedenen Positionen, in verschiedenen Laendern taetig gewesen sind; sozusagen „Experten“ in allem und in nichts. Diese Leute haben vielleicht mal Latrinen gebaut in Asien, in einem anderen Land dann Mikrofinanzinstitute beraten, und irgendwoanders in der Welt in einer Entwicklungsorganisation Programme koordiniert.
Leute mit echten unternehmerischen Background, die entweder als Selbstaendige, (Mit)Eigentuemer oder Geschaeftsfuehrer von mittelstaendigen Unternehmen Erfahrungen haben, kann man hier im Entwicklungsdienst mit der Lupe suchen.
Was bedeutet das im Konkreten?Entwicklungsdienst erfolgt hier (und hat erfolgt) nach Schemen des oeffentlichen Dienstes. Man kann ja nur Strukturen einfuehren, die man kennt und man kann das auch niemandem veruebeln. Die Angestellten und Beamten hier kennen kleine und mittlere Unternehmen in der Heimat maximal als Kunden, und haben vielleicht an der Uni mal was von Unternehmensfuehrung gehoert.
Die Organisation, in welcher ich eingesetzt bin, hat 6 Mitarbeiter in der Zentrale (in Kampala) und 7 weitere Mitarbeiter in Regionalbueros, gut verteilt im Lande. Die Strukturen und Arbeitsprozesse, die hier von meinen Vorgaengern eingefuehrt wurden, wuerden gut zur Verwaltung eines 500-Mann Unternehmens passen – aber fuer 13 Hanseln ist das alles einfach zu wuchtig!
Um 500 Mitgliedsunternehmen (Kunden) zu verwalten, benoetigt es einer einzigen charismatischen Person an der Spitze, die die 13 Angestellten alleine fuehrt; da braucht es keiner Strukturen mit 7 regionalen Direktoren, welche wiederum regionale Beratercommittees fuehren mit jeweils 10 Mitgliedern, um dann, nach deren sporadischen Sitzungen, der einzigen Mitarbeiterin im Regionalbuero in Managementmeetings formell strategische Entscheidungen vorzugeben. Es braucht auch keiner 6 operativen Handbuecher (mit jeweils 100 Seiten) fuer Personalwesen, Marketing, Verwaltungsablaeufe, Finanzen, etc., nicht fuer die Verwaltung von 13 Leuten!
Was ich hier beobachte, ist, dass 13 Leute aufgrund der geschaffenen Strukturen nur mit eigener Verwaltung beschaeftigt sind; hinzukommen null Unternehmergeist, geringe Identifikation mit der Organisation, Kaffepaeuschen, wann immer es sich einrichten laesst, private Telefonate und Interessen – erinnert mich irgendwie an unsere “schlecht bezahlten” Angestellten in der Gemeindeverwaltung.
Es wuerde mir sehr schwer fallen, “typisch ugandisch” in diesem Fall zu sagen, weil ich ersteinmal nicht weiss, was “typisch ugandisch” ist, aber andererseits sehr gut weiss, was “typisch deutsch” in der Verwaltung ist. Und was ich hier beobachte, ist definitiv “typisch deutsch”, aber wir sind in Uganda!Ich kann die Stimmen verstehen, die fordern, Entwicklungshilfe raus! Ich beobachte an meinem eigenen Einzelbeispiel hier, was fuer Schaden wir bereits angerichtet haben und nun, da das Projekt nicht mehr als sehr erfolgsversprechend eingestuft wird, versuchen wir, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen, ohne genau zu wissen, wie, und mit was fuer Nebenwirkungen.
Wenn Entwicklungshilfe wirklich helfen soll, dann muessen wir zuallererst aufhoeren, die Schuld immer bei den anderen zu suchen, ansonsten ist es wahrscheinlich wirklich besser, die Leute hier einfach in Ruhe zu lassen und abzuziehen..
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