Dies gibt mir Anlass, mich an mein Vorstellungsgespraech zu erinnern und an die Frau, die mich beinahe angefleht hatte, der Entsendeorganisation wenigstens fuer 2 Jahre treu zu bleiben. Damals konnte ich die Gespraechsrichtung ueberhaupt nicht verstehen und wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Es war mir unvorstellbar, dass ich jemals in der Situation sein koennte, dass mir fantastisch klingende Jobs vor die Fuesse gelegt werden.
Auch wenn auf den ersten Blick schmeichelhaft, ich habe dieses Angebot nicht wegen meiner besonders hohen professionellen Fachkompetenz erhalten, sondern wegen meiner Hautfarbe. Ich will nicht abstreiten, dass ich kompetent bin und den Job machen koennte, jedoch gibt es wahrscheinlich auch viele kompetente Ugander, die werden aber gar nicht erst in Erwaegung gezogen. Auslaendische Firmen ziehen es vor, ihre Geschaeftsleitungen mit Weissen (Europaern, Amerikanern oder weissen Suedafrikanern) zu besetzen. Und in dieser, doch erheblich kleineren, Gruppe an Leuten, gibt es in Uganda nicht viele, die sich einigermassen in Finanzen auskennen.
Ich brauche mir also mit diesem Angebot nichts auf meine herausragenden professionellen Faehigkeiten einzubilden; was ich habe, ist schlicht und ergreifend der entsprechende kulturelle Hintergrund und die „richtige“ Hautfarbe in Kombination mit ein paar Qualifikationen, Wohnort in Kampala und Arbeitserlaubnis.
Das hatte mir die Frau beim Bewerbungsgespraech nicht erzaehlt!
Das hat mir niemand erzaehlt, auch nicht in der Laenderkunde-Vorbereitung. Kein Ton zum Stand als „Weisse“.
Daran kauen hier viele… Darf man das „positiven Rassismus“ nennen? Wie geht man damit um?
Es war uns allen klar, dass unsere Gehaelter uns in die sozialen Oberschichten katapultieren. Es gibt keine Mittelschicht in Uganda; entweder man ist ganz arm oder ganz reich. Als Expat gehoert man zu der „ganz reichen“ Gruppe. Vielleicht nicht so reich wie der Praesident oder ein paar andere korrupte Politiker, aber man haelt locker mit Ministern und Firmenbossen mit. Das ist ueberhaupt kein Problem.Dies wurde diskutiert, vor allem, wie es dann ist, wenn man wieder zurueckkommt nach Deutschland und sich in der Mittelschicht wiederfindet; ohne Haushaltshilfe und Gaertner, in einem kleinen Appartment an einer belebten Hauptstrasse anstelle eines geraeumigen Hauses mit drei Schlafzimmern und zwei Baedern, grossem Garten und vielleicht auch Blick auf den Victoriasee.
Was jedoch nicht einmal angehaucht wurde, ist der Fakt, dass wir Weissen hier komplett die gesamte Wirtschaftsfuehrung in unseren Haenden halten. Egal ob klug, gebildet, kompetent – hat man eine weisse Hautfarbe, ein guter Job ist garantiert, selbst wenn es nur ums Vorzeigen geht.
Es ist nicht nur das Geld, was man hier hat, sondern auch eine offensichtliche Machtposition. Darauf war ich nicht vorbereitet!
Ich war nicht darauf vorbereitet, dass allein durch meine Hautfarbe, meine Meinung mehr zaehlt als die von Ugandern. Nicht im Traum haette ich daran gedacht, dass blosse Hautfarbe zu fantastischen Jobangeboten fuehrt. Keinesfalls war ich darauf vorbereitet, dass sich Firmen gegenseitig ueberbieten, nur um einen Weissen einzustellen.
Wir sind, ob wir es wollen oder nicht, Mzungus!
Auszug aus der englischsprachigen Wikipedia:„In Uganda the term „mzungu“ carries a connotation of a person who is important, remarkable or to be revered [sacred/ holy]“ – Deutsche Uebersetzung: Der Ausdruck “ mzungu“ meint in Uganda eine Person, die wichtig, bemerkenswert oder gar heilig ist.
Wenn man das irgendwo liest, sagt man sich – klingt abgefahren; aber es ist unglaublich intensiv und kaum zu verarbeiten, wenn man mittendrin ist… Ich weiss jetzt, wie sich die englische Queen fuehlen muss, auf dem Weg von einem Ort zum anderen, im Auto sitzend, ihre Untertanen links und rechts gereiht an der Strasse – sie aus dem Fenster des Autos freundlich laechelnd, den Passanten zuwinkend. Privatsphaere nicht einmal innerhalb des eigenen Hauses gegeben, mit all den Bediensteten und Besuchern, die sich etwas von der Bekanntschaft versprechen.
Auch dies wurde nicht diskutiert. Wie geht man damit um? Wie verarbeitet man diese staendige Aufmerksamkeit? Wie verhaelt man sich als „Gott“? Gott sein ist eine grosse Verantwortung!
So verfuehrerisch das Angebot finanziell ist, aber ich werde meinem Wort die Treue halten und dort bleiben, wo ich bin. Meine Arbeit als Beraterin ist hochinteressant und fuehrt mich durch ganz Uganda. Die Entsendeorganisation, bei der ich angestellt bin, hat ein ganz tolles Klima und richtig gute Leute. Auch die Beschaeftigung mit Entwicklungshilfethematik, mit all den Widerspruechen und Herausforderungen, all die Themen, die ich bisher so im Blog behandelt habe, sprechen mich mehr an als der Inhalt des Unternehmens, von dem das Angebot vorliegt.
Es ist wirklich egal, von welcher Richtung ich Uganda betrachte. Es kommen immer wieder dieselben Fragen. Was machen wir hier? Was fuer Wirkungen haben wir erreicht? Auffallende Nebenwirkung: „Mzungus sind heilig!“ Laesst sich das ueberhaupt noch korrigieren? Wohin entwickelt sich das volkswirtschaftliche Grossexperiment Afrika?
Wer hoch sitzt, kann auch tief fallen.
Wenn der hochdotierte Posten nur Repräsenz ist, dann kann es durchaus möglich sein, dass mit den zusätzlich erhaltenen Mitteln mehr erreicht werden kann als mit den Mitteln und Beziehungen zum Entwicklungsdienst. Mann kann selbst entscheiden, was mit dem Geld passiert. Zum Beispiel diese web-Site weiter entwickeln, auf ein professionelles und einflussreiches Niveau bringen.
In der Regel ist das nicht leicht. Korruption verleitet und die Bindungen nach unten gehen schnell verloren.
Es bleibt immer eine persönliche Entscheidung. Zuspruch und Ablehnung erhält man in beiden Fällen.
Was einen glücklicher macht, kann man nur selbst entscheiden. Dazu gibt es keine Regeln.
Ui, ein bisschen deprimiert mich dein Text schon. Ich verspreche mir eigtl. einen Vorteil davon schwarzer Deutscher zu sein und hoffe, dass ich so besser „zwischen den Welten“ wandeln kann. Zumal ich unbedingt wieder nach (Süd)afrika will (ich denke quasi an nichts anderes), dachte ich eigtl., dass mir meine Hautfarbe wenigstens einmal zum Vorteil gereichen würde…
Lieber Ali, diese von mir beschriebene „Hochachtung“ von Mzungus ist etwas ganz spezielles in Uganda; selbst Wikipedia beschreibt diese Besonderheit fuer ausschliesslich Uganda. In anderen Laendern in Afrika ist das sicherlich ganz anders, aber dazu kann ich nicht viel sagen, weil ich da noch nie gewesen bin oder gar gearbeitet habe. Zimbabwe Leute sehen uns beispielsweise als total gleichberechtigt (da arbeite ich hier mit etlichen Kollegen zusammen) und auch Kenianer zeigen, zumindest in Business, Weissen gegenueber keinerlei besondere Bevorzugung; umgekehrt, Kenianer bevorzugen oftmals Ugander als Geschaeftspartner.
Daher gib‘ die Hoffnung nicht auf 😉
Juhu, da bin ich aber froh. 😀 Dass Weiße in Uganda besonders „ehrfürchtig“ behandelt würden, hat mir mein Chef in Südafrika auch erzählt. Immer wenn er anfing, was zu erzählen, wurden auf einmal alle ganz still. *g*
Also am meisten hoffe ich ja, dass ich in Südafrika einen Job finde. Dort habe ich zwar auch unschöne Erfahrungen mit Weißen gemacht, die Schwarzen grundsätzlich kritisch bis negativ gegenüberstanden, aber sobald ich gesagt habe, dass ich Deutscher bin, war alles in Butter. 😀
Oh, und mittlerweile kann ich mir auch vorstellen, mal in Uganda zu arbeiten. Deine Artikel machen Lust auf mehr. Eine Freundin von mir, hat auch mal in Uganda gearbeitet und hat immer geschwärmt: „Ali, da muuusst du hin…“
Mittlerweile ist sie in Sweet Salone und sagt: „Ali, da muuuusst du hin“. 🙂
Mach‘ das! Falls Du fuer wenigstens 3 Monate kommst, kann ich Dir gern behilflich sein, einen Praktikumsplatz in einem Unternehmen, oder wahlweise NGO zu finden. Weniger als 3 Monate lohnt aber nicht wirklich fuer ein Unternehmen, jemanden aufzunehmen. Mit etwas Glueck kann ich vielleicht sogar einen bezahlten Platz finden…
Ui, toll. Danke. Ich komme diesbzgl. einfach auf dich zu, wenn ich weiß, wie es weitergeht. Ich bin ja gerade in der Endphase des Studiums und hoffe, dass ich die auch durchstehe. Mit dem Afrikafieber hat es mich echt erwischt. 🙁 Ich fürchte sowieso, dass ich nach dem Studium noch ein Praktikum anhängen muss, weil sich ja die Arbeitgeber immer etwas schwer tun mit uns Geisteswissenschaftlern. *g*
Achso, natürlich würde ich da ein mindestens dreimonatiges Praktikum absolvieren. Kürzer fänd ich auch zu kurz, bei dem Aufwand, den man vorher hätte.
Melde Dich einfach per Email, wenn es soweit ist; am besten so 3-4 Monate bevor Du kommen moechtest. Meinen Email-Kontakt findest Du auf der Seite Ueber mich.
Ja die Hautfarbe…. Das ist definitiv nicht in ganz Afrika so, ich war zwar sonst noch nirgends, aber man hört wohl schon nicht ganz umsonst von weissen Namibiern die von ihren Farmen vertrieben werden weil sie nun eben weiss sind usw.
Uns während in Europa zumindest eine Diskussion läuft dass es eben auch schwarze Europäer, schwarze Deutsche etc gibt, kann ich einen Ugander nicht davon überzeugen, dass es auch weisse Afrikaner gibt. Selbst wenn die Familien seit Generationen dort leben und einige von ihnen noch nie in Europa waren.
Was ich in Bezug auf Entwicklungshilfe in Uganda traurig finde: Mein Mann rechnet sich keine grossen Chancen aus für eine internationale Hilfsorganisation einen hohen Posten in Uganda zu bekommen, obwohl er Uganda wie seine Westentasche kennt, obwohl er in Europa Sozialarbeit studiert hat. Eigentlich die besten Voraussetzungen! Er glaubt sogar, dass ich für die gleiche Stelle womöglich grössere Chancen hätte, obwohl ich überhaupt keine Ausbildung in Sozialarbeit habe. Und auch sonst kaum was was in diesem Job papiermässig von Bedeutung wäre. Persönlich glaube ich auch nicht, dass ich so einen Job tatsächlich bekommen würde. Aber der Punkt meines Kommentars ist, dass ein Ugander mit entsprechender Ausbildung sich mir gegenüber ohne entsprechende Ausbildung benachteiligt fühlt! Weil ich weiss bin.
Leider ist das wirklich so, und ausser sehr weniger ugandischer Firmen, die Ugandern selbst gehoeren, oder in der oeffentlichen Verwaltung, bin ich waehrend meiner 2 Jahre Uganda keinem einzigen Ugander in wirklich leitender Fuehrungsposition ueber’n Weg gelaufen. Und selbst ugandische Firmen besetzen Fuherungspositionen im eigenen Unternehmen mit Expatiates – nicht unbedingt weissen – die Expats duerfen durchaus ’schwarz‘ sein, solange sie keine Ugander sind, sondern beispielsweise aus Kenia oder Zimbabwe.
Eine Erklaerung, die ich von Ugandern gehoert habe, dass man sich gegenseitig nicht traut. Sehr traurig!
Zumindest für Deutschland muss ich vehement widersprechen. Eine gesellschaftliche Diskussion, dass Schwarze auch Deutsche sein können (und zwar von Geburt an), gibt es für Deutschland einfach nicht. Ein Deutscher hat weiß zu sein, in allen anderen Fällen darf der zu bunt Geratene seinen Stammbaum rezitieren, und zwar solange, bis das Fremde identifiziert und damit der Stereotyp (Aha, doch nicht deutsch) bestätigt ist.
Ganz besonders vorsichtig wäre ich auch bei der Betrachtung des simbabwischen Falls. Ohne jetzt die Grausamkeiten bei der Enteignung zu beurteilen, sollte hier beachtet werden, dass die weißen Landbesitzer nicht in erster Linie verjagt werden, weil sie weiß sind, sondern weil sie eben das Land besitzen, dass nach der ewiggestrigen Interpretation von Crazy Bob und seinen Schergen den Schwarzen weggenommen wurde.
Diesselbe unsinnige Disksussion wird ja auch in Südafrika gern von weißen Hardlinern bzw. mit wenig Hirn bedachten Weißen geführt: „Wir, die Weißen, werden angegriffen, weil wir weiß sind.“ Äh, nein. Die Täter dringen in die Farmen ein, weil sie sich davon eine große Beute versprechen. Die Hautfarbe hat damit — wenn überhaupt — nur nachgeordnet was zu tun. Mit einem Überfall/Einbruch in Südafrika muss grundsätzlich jeder rechnen, der so aussieht, als habe er Geld.
„dass man sich gegenseitig nicht traut. Sehr traurig!“
das stimmt, die meisten ugander die ich kenne sind sehr kritisch. da werden sogar freunde ab und zu getestet ob ihnen in einer angelegenheit wirklich getraut werden kann.
ich wusste nicht, dass dieses denken sogar bei einer jobvergabe eine rolle spielt.
der vorteil ist aber, dass (gebildete) ugander auch z.b. beim lesen von zeitungen kritischer sind als meine europäischen kollegen. viele europäer sind nicht nur biologisch bläuäugig, sondern auch im denken.
beispiel: bei den unruhen in nordafrika gab es plötzlich gegendemos. die schweizer kollegen haben das einfach so hingenommen, die ugandischen kollegen haben sofort daran gedacht, dass es von der regierung bezahlte leute sein können.
oder in einer mexikanischen zeitung wurde berichtet von einem erdrutsch nachts um 2 uhr in einem wohnquartier, die meisten häuser seien zerstört, aber es hätte keine toten gegeben. die eurpäischen medien haben das gleich so übernommen und die meisten leute haben das wohl auch geglaubt. verwandten in mexico war von anfang an klar, dass da wohl sehr wohl nachts ein erdrutsch war und häuser zerstört wurden, aber dass es keine toten geben soll glaubte keiner. natürlich hatten sie recht.
Hallo Ali,
ich kann den allerletzten Spiegel-Artikel mit einem Interview mit Philipp Roesler (siehe auch: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,755263,00.html) leider nicht auf die Schnelle Online finden. Er ist da ausgefragt worden, zu seinem „Deutschsein“ als gebuertiger Vietnamese. Natuerlich musste er sehr positiv ueber seine Erfahrungen reden, da er ja ein fuehrender FDP Politiker ist, aber das darf dann schon als „Diskussion“ ueber farbige Deutsche interpretiert werden, wuerde ich denken.
Liebe Gruesse, Bellusci 🙂
ich bin wegen dem buch „deutschland schwarz weiss“ darauf gekommen. das war wohl vor ca einem jahr aktuell, jedenfalls bin ich damals durch mund zu mund propaganda darauf gestossen.
ich bin nicht in deutschland, kann von daher nicht sagen wie bekannt das thema wirklich ist. sehe nun, dass ich mir offensichtlich zuviel erhofft hatte.
das ist der link zur website, auch schon sehr interessant:
http://www.deutschland-schwarzweiss.de/