Hausbedienstete, Arbeitnehmer, Angestellte und Arbeiter

Preparing dinner

Ich bin ueber Ostern in Deutschland und besuche Familie und Freunde. Viele unserer Gespraeche drehen sich um Uganda, meine Erfahrungen und Erlebnisse dort, aber auch um die Firmen meiner Eltern und meines Bruders. Wir sind eine Unternehmerfamilie, jeder hat(te) ein eigenes Unternehmen, nicht zu gross, aber gross genug, um davon gut zu leben.

Gestern abend drehte sich unsere Diskussion um Arbeitnehmerei (vs. Sklaverei).

Ich habe Ugander kennengelernt, die sich teilweise schaemen, in einem Anstellungsverhaeltnis zu sein; sie verheimlichen diesen Fakt vor ihrer Familie und bevorzugen, in anderen Staedten zu arbeiten und das Geld an die Familie zu schicken und geheimzuhalten, wie sie an die Finanzen rankommen. Anstellung ist fuer sie der Verlust der eigenen Freiheit. Es geht nicht um der Fakt, dass man nicht arbeiten will, aber nicht in einer Anstellung. Eigener Chef ja, aber Angestellter oder Arbeiter, nein.

Unser Hausmaedchen in Uganda sieht sich selbst nicht als Angestellte, eher als unsere „Tochter“. Wir schicken sie von Montag bis Freitag in die Schule, bezahlen die Schulgebuehren, kaufen ihre Schulbuecher, kleiden sie ein, verpflegen sie und bringen sie unter; auch erhaelt sie ein kleines Taschengeld, aber keinen Lohn.

Im Gegenzug zu unseren Leistungen putzt sie das Haus an Wochenenden, buegelt die Waesche und kocht. Finanziell kostet sie uns mehr als eine Angestellte, denn einer Angestellten wuerden wir zwischen 80,000 und 120,000 UGX (Ugandische Schilling) zahlen und sie wuerde Montag bis Samstag volltags dasein, also 60 Stunden fuer ungefaehr 40 EUR monatlich.

Unser Hausmaedchen kostet uns vielleicht das Doppelte, muss aber mit uns leben und fragen, wenn sie mal am Wochenende oder abends das Haus verlassen will. Freunde darf sie nur nach vorheriger Absprache empfangen und sie muss uns um Geld bitten, wenn sie zum Frisoer will oder ihre Wuensche auf der Einkaufsliste mit aufschreiben, damit diese von uns besorgt werden beim Grosseinkauf am Wochenende.

Meine Familie nennt das „Sklaverei“. Zurecht?

In the garden

Unser Maedchen fuehlt sich nicht ausgenutzt, eher bevorzugt und priveligiert, denn nur wenige Ugander bekommen die Chance, mit Muzungus (Weissen) zu leben und deren Lebensweise und Haus zu teilen.

Wie ist das mit den Deutschen, die in Ein-Euro-Jobs sind? Meine Familie ist der einheitlichen Meinung, dass die meisten sich voellig unterbezahlt fuehlen und dass es fuer Unternehmen nichts bringt, diese Leute einzustellen. Der Aufwand, sie einzuarbeiten und dann die geringe Motivation und Ergebnisse, die zurueckkommen, sind der Liebe nicht wert. Erfahrungen sind, dass die meisten sich ausgenutzt fuehlen.

Wo faengt Arbeitnehmerschaft an und Sklaverei auf? Wie zieht man die Grenze? Mindset? Ein ansprechender Lohn? Freie Bestimmung ueber die eigene Freizeit? Lieber kein Geld, aber unabhaengig leben und entscheiden duerfen? Was ist mit den erwachsenen Kindern, die im Haushalt der Eltern mitleben und sich deren Regeln beugen muessen? Sollten sie zur Miete beitragen? Muss immer alles in Geld verrechnet werden?

Wir bezeichnen unser Hausmaedchen in Uganda als unsere „Tochter“. Auch ihre Eltern, wenn wir telefonieren, fragen uns, wie es „unserer“ Tochter geht.

Wir haben sie in unserer Familie aufgenommen und sie bekommt (fast) alle Leistungen, die ich auch meinem 17jaehrigen Sohn geben wuerde. Wir haben sie jetzt nicht mit nach Deutschland mitgenommen, weil wir jemanden brauchen, der unser Haus in unserer Abwesenheit huetet, aber wir nehmen sie mit ins Schwimmbad oder zum Essen, wenn wir in Kampala sind. Im Gegensatz zu meinem Sohn, der sich wie ein Koenig benimmt; sich von Eltern und Grosseltern, von vorn bis hinten bedienen laesst, ein Wohlstandskind; sich um jeden einzelnen Abwasch streitet, nur mit Maulen zu Baecker geht, zu Weihnachten ein Fahrrad erwartet und zum Geburtstag einen neuen Computer.

Unser Hausmaedchen gibt in Arbeitsleistung zurueck, was wir ihr geben.