Ich war noch nie in einem Land, in welchem so viele Menschen auf der Strasse in Anzuegen rumlaufen und in „Sonntagskleidern“. Wenn ich so darueber nachdenke, habe ich bisher noch keinen Ugander getroffen, der nicht Wert auf gutes Aussehen legt. Egal ob man Geld hat oder nicht; gut gekleidet sein ist ein Muss. Nicht nur auf Arbeit und im Oeffentlichen, auch zu Hause, im Privaten. Es gehoert zur ugandischen Kultur, sich schick und geschmackvoll anzuziehen, gut auszusehen, und sich zurechtzumachen.
Woher diese Tradition kommt, weiss ich nicht wirklich. Vielleicht von der Kollonialzeit, um von den Englaendern besser wahrgenommen zu werden? Oder ist es der (un)bewusste Kampf, sich von der eigenen Armut abzugrenzen? Denn man lebt oftmals in auesserst einfachen Huetten, wenn nicht gar Slums, oftmals in grossen Familien auf engstem Raum.
Ich besuche manchmal (eigentlich eher selten), meine ugandischen Arbeitskollegen zu Hause. Meist ist der Anlass, dass sie etwas Groesseres zu transportieren haben, und mich um die Gefaelligkeit bitten, meinen Pick-up fuer den Transport nutzen zu duerfen. Ich nehme immer gerne an, denn das gibt mir die Moeglichkeit kennenzulernen, wie meine Kollegen eigentlich leben.
Und, obwohl ich in der Zwischenzeit das weiss und eigentlich darauf vorbereitet sein sollte, bin ich jedes mal aufs Neue ueberrascht, wenn nicht schockiert. Schwer zu beschreiben, das Gefuehl, was da so einen ueberkommt. Kolleginnen, die taeglich ein anderes Kleid oder Kostuem tragen, fast jede Woche eine neue Frisur, stets frisch lackierte lackierte Fingernaegel, und in schicken Stoeckelschuhen durch die ugandischen Strassen stoeckeln – leben in Huetten, in denen wir in unserer Heimat nicht einmal unseren Hund einsperren wuerden.
Manchmal, wenn ich durch Kampala’s ueberbevoelkerte Strassen schlendere, mich in ein kleines Cafe setze, die vorbeigehenden Leute beobachte. Oder, wenn ich mich durch die engen Gassen der lokalen Maerkte draengele; immer wieder schweift mein Blick auf die schoenen Menschen hier: gut gekleidet, schick zurechtgemacht, aufmerksam bis ins Detail. Und dann sehe ich zwischen all den schoenen Ugandern hin und wieder einen der wenigen auslaendischen Touristen – nicht immer, aber manchmal: fett, bierbaeuchig, mit behaarten Beinen, und in kurzen Hosen!
Das ist uebrigens eines der wichtigsten Erkennungsmerkmale, wie man einen Touristen von einem in Uganda lebenden Weissen unterscheidet – an der Bekleidung. Denn das Schicksein der Ugander wirkt ansteckend. Europaeische Frauen, die seit Jahrzehnten nur Hosen getragen haben, finden ploetzlich Geschmack an Roecken und Blusen. Selbst, wer frueher Schmuck fuer Nonsense gehalten, in Uganda aendert sich diese Einstelllung. Seit Monaten verlasse ich mein Haus nicht mehr in Jogginghosen, auch nicht, wenn ich nur mal um die Ecke zum Bierholen gehe.
Viele Expats kennen die Bitten von Hausangestellten und ugandischen Kollegen, wenn man mal zum Heimaturlaub heim fliegt, bitte unbedingt Lippenstift und/oder andere kosmetischen Artikel mitzubringen; denn, trotz dieses Schoenheitswettbewerbs in ganz Uganda, gibt es hier keinen einzigen ernsthaften Drogerieshop, geschweige denn Kosmetikgeschaefte. Lippenstifte gibt es ueberhaupt nicht zu kaufen. Es existieren ein paar grosse suedafrikanische Supermarktketten, wie Uchumi und Shoprite mit Drogerieabteilungen, aber ausser einer Auswahl an Haarwaescheprodukten und Showergels, findet man dort so gut wie keine Schoenheitsprodukte. Warum nicht? Ist noch keiner auf die Idee gekommen?
Da ich nun gerade dabei bin, mich neu zu orientieren und zu ueberlegen, was ich weiter machen koennte, in und mit meinem Leben und mit meinen vorhandenen und nichtvorhandenen Talenten, ist mir heute so der Gedanke gekommen, dass man ja mal in diese Richtung schauen koennte.
Mobiltelefonie, beispielsweise, hat sich nicht nur in Uganda explosionsartig durchgesetzt, ganz ohne Entwicklungshilfegelder. Ugander und Kommunikation sind Synonyme. Zahlreiche Telefongesellschaften sind pilzartig aus dem Boden geschossen, nachdem man angefangen hat, den Markt zu bearbeiten. Inzwischen gibt es wohl keinen einzigen Ugander ohne Handy und manch‘ Ugander gibt seinen halben Monatslohn fuer Telefonieren aus. Daher, wenn ich mir das so durch den Kopf gehen lasse, sollten Kosmetik und Schoenheitsprodukte durchaus auf einen aehnlich offenen Markt stossen. Drogeriegeschaefte, landesweit. Eigene Produktion mit Export. Ziel: Profit, dabei Schaffung von Arbeitsplaetzen – Ergebnis: Entwicklung.
Die Idee ist frisch, ganz frisch. Ich muss jetzt die Idee setzen lassen, weiter darueber nachdenken und vielleicht werde ich in den naechsten Wochen mal ein paar internationalen Kosmetik- und Drogeriefirmen kontaktieren, und dann weitersehen, wie sich da etwas entwickelt, und wohin sich das entwickelt, und ob sich ueberhaupt irgendetwas entwickelt.
Der Trend nach ultimativer Schoenheit in Uganda ist definitv erkennbar und vorhanden. Mal sehen, ob sich damit etwas machen laesst.
Tja, dieser Beobachtung kann ich nur zustimmen. Die am schlechtesten gekleideten Menschen auf Kampalas Straßen sind die Touristen.
Aus Sicht der Ugander stellt sich die Frage: Wieso laufen die superreichen Touristen (und das ist man ja, wenn man sich die Flüge und Urlaub leisten kann) so schäbig herum? Eine Antwort gibt’s nicht. Fern der Heimat, so die gängige Meinung, kann man die Kleiderordnung ja vernachlässigen.
Wer aber auf sein Äußeres achtet und vielleicht sogar noch ein paar Brocken Luganda drauf hat, der erntet viel Anerkennung unter den Einheimischen. Das nur so als kleiner Tipp 😉
Lieber Herr Embacher, ich habe mir wirklich groesste Muehe gegeben, etwas Lugandan zu lernen, aber irgendwie behalte ich die Worte einfach nicht. Jedoch sprechen ja viele Ugander ein wirklich gutes Englisch.
Aber richtig toll gekleidet zu sein und mit einem Laecheln durch die Strassen zu gehen, macht echt den Unterschied: man laeuft durch die Maerkte und Passagen und erhaelt Komplimente zur Bekleidung und gutem Aussehen von den vorbeigehenden Ugandern. Kann mich nicht erinnern, dass mir das jemals in einem anderen Land passiert ist.
uh ja kleider machen leute. wenn ein ugander mit kurzen hosen in eine bank oder auf irgend ein amt marschiert, wird er wenn überhaupt bedient, dann sicher nicht ernst genommen.
„ich habe mir wirklich groesste Muehe gegeben, etwas Lugandan zu lernen, aber irgendwie behalte ich die Worte einfach nicht.“
fandest du das auch so deprimierend? in jeder andern sprache die ich bisher versuchte konnte ich innert kürzester zeit ein paar floskeln. aber luganda… mitlerweilen beherrsche ich zwar etwas smalltalk, aber hast du dir schon mal die grammatik angeschaut?
ich befürchte dass ich jede verbform einzeln auswendig lernen muss. da werden personalformen, zeitformen, negationen usw einfach vorne oder hinten oder sogar zwischendrin zum wort angefügt. das selbe wort ist nachher echt kaum mehr wiederzuerkennen. und lehrgänge, bücher oder sowas sind ja auch kaum erhältlich. ich habe mir was aus den 60er-jahren aus dem internet runtergeladen. falls du was besseres weisst bin ich für tipps dankbar 🙂
hatte mir auch überlegt anhand eines sprichwörter-buchs zu lernen, dort sind die sprichwörter nämlich praktischerweise wörtlich auf englisch übersetzt. aber das würde als ergänzung zu einer grammatik auch besser funktionieren als einfach nur so.