Autokauf

Posted: 20th Juni 2010 by Bellusci in Economy/ Wirtschaft

Wir haben unseren Samstag auf der Suche nach einem Auto verbracht. Angesichts der unzaehlbaren Schlagloecher auf den Strassen, welche teilweise einen halben Meter tief sind und der ziemlich aggressiven Fahrweise vieler ugandischer Fahrer, suchen wir nach einem Allradfahrzeug; und angesichts der Werkstattsituation und der Frage von Ersatzteilbeschaffung, kommt nur ein Toyota in Frage; alles andere laedt nur zu Stress ein.

Uns waren die Preise nicht unbekannt, man spricht ja mit Freunden darueber. Dennoch fand ich es dann schon ganz schoen schockierend, total abgewrackte Kisten von den Haendlern fuer 10,000 US$; und die „besseren“ Fahrzeuge fuer 15,000 US$, angeboten zu bekommen.

Toyato RV - sale advert June 1010

Nachdem wir bei den Haendlern erfolglos nach einem bezahlbaren Fahrzeug gesucht hatten, sind wir zu Nachumat gefahren (einem grossen suedafrikanischen Shoppingcentre, wo Expats ihre Autos am „Schwarzen Brett“ anpreisen).

Hier eine Anzeige fuer einen Toyota RAV4, Baujahr 1996 („neu“ 2009 – d.h. nach Uganda in 2009 importiert und seitdem den hiesigen Strassen und Mechanikern ausgesetzt) – 12 Millionen Ugandische Shilling (= 5,300 US$/ 4,300 EUR/ 3,600 Britische Pfund).

Das selbe Fahrzeug kann man in England fuer 995 Britische Pfund (1,200 EUR/ 1,500 US$) in Ebay erwerben.

Der Preisunterschied von fast 4,000 US$ soll durch dem Import und die enorm hohe Einfuhrsteuer hier kommen. Mit etwas Handeln werden wir den Verkaeufer vielleicht auf 10 Millionen Shilling druecken koennen, was aber dann immer noch 3,600 EUR/ 4,400 US$ sein werden. Und dann werden wir uns „stolze“ Besitzer eines 14 Jahre alten Toyota RAV4 nennen koennen!

Der Preis wird stabil bleiben, d.h. kein Wertverlust stattfinden. Sofern das Fahrzeug in 2 Jahren immer noch fahrtuechtig ist, werden wir es fuer die „magische“ Zahl von 10 Millionen Shilling wahrscheinlich auch wieder los. Erst, wenn das Fahrzeug dann ueber 20 Jahre ist, wird der Preis auf vielleicht 5 Millionen Shilling sinken; aber darunter auf keinen Fall, solange man damit noch von A nach B fahren kann. Unter 5 Millionen Shilling gibt es keine Autos in Uganda!

Toyota Land Cruiser PRADO

Fuer einen annehmbaren PRADO, Baujahr 1994, bezahlt man in Uganda 10,000 US$ (8,000 EUR/ 6,750 Britische Pfund). Und das gilt noch als „Schnaeppchen“. Die Haendler hatten uns 17 Jahre alte PRADO’s fuer 15,000 US$ verkaufen wollen. Die Anzeige wurde gestern ausgehaengt, und heute abend, als wir angerufen hatten, war das Fahrzeug schon weg!

In England (Ebay) wird dieses Auto fuer 1,695 Britische Pfund ( 2,000 EUR/ 2,500 US$) angeboten, und als „ideal fuer den Export“ angepriesen.

Die Einfuhrsteuern sollen fuer einen PRADO ungefaehr 2,000 US$ ausmachen (ich glaube, Einfuhrsteuern berechnen sich prozentual, abhaengig vom importierten Warenwert) und der Transport soll so um 2,500 US$ sein; bei den Haendlern bleiben somit um die 3,000 – 4,000 US$ haengen; mehr als der doppelte Aufschlag auf den urspruenglischen Gebrauchtfahrzeugpreis in England.

Und dann einmal hier, fahren diese Kisten auf den ugandischen Strassen rum und nach kuerzester Zeit, da so furchtbar alt, schlechte Werkstattversorgung und keine Abgasregelungen, blaest jedes zweite Fahrzeug dunkelschwarze Wolken aus dem Auspuff.

Fuer Autohaendler muss dieses Exportgeschaeft enorm attraktiv sein! Die Gewinnspannen sind ganz sicher besser, als zu Tiefstpreisen Gebrauchtwagen in Europa weiterzuverkaufen. Dann gibt es in Europa auch diese EU-Garantie, wo der Haendler fuer die Ware haftet – das muss fuer Gebrauchtwagenhaendler furchtbar sein. In Uganda gibt es natuerlich nichts dergleichen. Wenn man ein Fahrzeug vom Haendler kauft; dann kauft man es „wie gesehen“; bezahlt den vereinbarten Preis und hat dann die Kiste am Hals. Eigentlich ist es sogar noch schlimmer; wir wollten Fahrzeuge probefahren. Das ging nicht, denn die Autos stehen unzugelassen in deren Hoefen, und erst mit der Barzahlung durch den Kaeufer an den Haendler wird das Auto zugelassen und aus dem Hof rausgefahren. Man kauft also hier beim Haendler wirklich „wie gesehen“ – nach Farbe des Autos.

Angeblich soll es sich langsam in Europa rumsprechen, dass Afrika als Muellhalde der entwickelten Nationen dient, wobei ich mir nicht so sicher bin, ob das tatsaechliche Ausmass jedem Einzelnen wirklich so klar ist. Also hier nochmal in vestaendlichem Deutsch.

Fahrzeuge, die man in Europa oder Japan nur noch schwer durch den TUEV kriegt, werden nach Afrika exportiert. Fahrzeuge, die eigentlich verschrottet werden muessten, weil sie technisch nicht mehr i.O. sind und die Umwelt verpesten. In Europa und Japan erzielen ueber 15 Jahre alte Fahrzeuge nur noch Verschrottungspreise, weil die Maerkte gesaettigt sind und funktionieren. In Uganda, Afrika und anderen Entwicklungslaendern haben die Maerkte aber (noch) keine regelnde Funktion. Daher koennen diese schrottreifen Autos nach Afrika verkauft werden, und mangels Alternativen vor Ort, finden sich hier genug Abnehmer, die keine andere Chance haben als fuer diese Fahrzeuge 25 bis 50% des Neupreises zu bezahlen.

Ein Fahrzeug, das gerade importiert wurde, gilt hier als „neu“. Sind es erst 10 Jahre nach der Zulassung, dann ist es „ganz neu“. Die Abschreibung im Land geht erst los, wenn das Auto den Importhof verlassen hat und auf ugandischen Strassen unterwegs gewesen ist. Je laenger es unterwegs war, desto grosser die Wahrscheinlichkeit, dass da viel dran rumgepfuscht wurde. Trotzdem fallen die Preise kaum, weil der Bedarf nach bezahlbaren Fahrzeugen so viel groesser ist als das Angebot.

Fuer die einheimische Wirtschaft und Unternehmen bedeutet das natuerlich, dass man einen Fuhrpark hat, der ausschliesslich aus enorm alten Fahrzeuges besteht; desweiteren wurde jedes einzelne Auto ueberbezahlt, und, das kommt natuerlich auch noch dazu, Jahr fuer Jahr riesige Reparaturkosten.

Klickt es jetzt? Ich spreche nicht von Einzelfaellen, und nicht von einem individuellen Expat, also von mir persoenlich, die sich mal ein ueberteuertes Auto zulegen muss. Ich spreche von einem ganzen Land, einem ganzen Kontinent, mit Millionen an Autokaeufern, die sich alle in der selben Situation befinden wie ich, und keine Alternative haben als sich damit abzufinden. Die einzige Alternative waere Verweigerung, d.h. ich kaufe kein Auto und laufe zu Fuss.

Aber wie werden die Entwicklungslaender das Problem in Zukunft loesen? Was macht man mit einem Auto, welches dann irgendwann mal so alt ist, das es wirklich nicht mehr kann? Wie lange wird und kann hier noch akzeptiert werden, dass die Autos die Umwelt verseuchen mit ihren tiefschwarzen Abgaswolken?

  1. bellusci sagt:

    Noch ein Nachgedanke bzgl. des Zustandes der Autos… Einmal hier angekommen (Mindestalter ganz selten unter 10 Jahre, oftmals ueber 15 Jahre) scheinen sich die meisten Fahrzeuge im Zustand ihrer Ankuft zu halten. Durch die Lage am Aequator gibt es hier keine Winter und das Wetter ist immer sommerlich, was den Autos gutzutun scheint. Sie rosten nicht. Was sich hier sehr schnell abnutzt, sind die Federn (durch die Schlagloecher) und ganz viele Fahrzeuge entwickeln schwarzen Rauch, fahren aber trotzdem unverdrossen weiter und weiter.

    Mein japanischer PickUp, den ich von meiner Organsiation zur Verfuegung gestellt bekommen habe, ist Baujahr 1993, kam vor 7 Jahren nach Uganda und hat mich, abgesehen vom schwarzen Rauch, die 16 Monate verlaesslich durch ganz Uganda gekarrt. In der Werkstatt hatte ich das Fahrzeug lediglich fuer zahlreiche Reparaturen an den Reifen, da kaum eine Ueberlandfahrt ohne Panne ablaeuft.

  2. That’s an amazing post. Thanks a lot!

  3. Roter Kater sagt:

    Das wird nicht nur mit den Autos so sein.