Fussball Mania

Posted: 2nd Januar 2011 by Bellusci in Daily Life/ Alltag

Es gibt kaum einen Ugander, der nicht ueberzeugter Fan einer der englischen Nationalmannschaften ist – meistens Chelsea, Arsenal oder Manchester United (einige wenige auch Liverpool). Viele der lokalen Minibusse und BodaBodas (Mottorrad-Taxen) tragen Clublogos oder grosse Schriftzuege wie “I love Manchester Utd”. Die Rechtschreibung ist oftmals fragwuerdig, aber die Werbung ist liebevoll handgemalt und aufwendig. Dann die vielen Leute, die Fussball T-Shirts tragen. Fragt man allerdings die Fans, wo sich denn England auf der Landkarte befindet, koennen nur die Wenigsten darauf eine Antwort geben; viele wissen nicht einmal, dass England in Europa ist und wo in der Welt sich Europa befindet.

Dies ist jedoch nicht nur ein ugandisches Phaenomen. In Nairobi (Kenia) soll es eine BodaBoda (Taxi) Station gegenueber dem AIG Buero geben. AIG war fuer 5 Jahre der Sponsor fuer Manchester United und der AIG Schriftzug auf deren T-Shirts; daher wird diese Station im Volksmund “Man U” genannt. Wenn man in Nairobi zu AIG hinwill, fragt man nach “Man U”. Was fuer eine Firma AIG ist ist, wissen nicht viele.

Arsenal scheint das populaerste Team zu sein; wahrscheinlich wegen der vielen afrikanischen Spieler im Team. Wie bereits erwaehnt, Clublogos sieht man ueberall und viele sind sehr aufwendig von Hand gemalt. Da wird viel Zeit damit verbracht, ‘sein’ Team ordentlich zu presentieren, ohne eigentlich zu wissen, wo sie eigentlich herkommen oder selbst jemals die Chance zu haben, das Team live zu sehen.

Im ugandischen Fernsehen werden so viele englische Fussballspiele uebertragen, dass fur meinen (englischen) Mann Uganda, neben dem konstant schoenen Wetter, schlicht und ergreifend das Fussball – Paradies auf Erden ist. Selbst, als wir noch in England wohnten, konnte man viele der englischen Spiele nicht Live im Fernsehen sehen, und nur im Radio die Kommentare dazu hoeren. Hier in Uganda wird jedoch (fast) jedes Spiel, in welchem eine der englischen Nationalmannschaften mit dabei ist, live uebertragen. Beispielsweise die 15 Uhr Kickoffs an Samstagen gab es in England gar nicht zu sehen; und hier werden alle Spiele simultan gezeigt.

Spiele der eigenen ugandischen Nationalmanschaft werden eher selten ausstrahlt, jedoch sind Ugander begeisterte Anhaenger ihres Nationalteams und reisen in Stroemen an, wenn die mal spielen. Kuerzlich hat Uganda in Kenia gespielt, und ich habe gehoert, dass die Grenze fuer Tage blockiert war, weil da so viele Ugander hinreisen wollten.

Bei jedem Spiel sind dann die Pubs voll mit Fans, die sich ein alkoholfreies Getraenk kaufen und sich dann 90 Minuten an diesem festhalten. Die Stuehle im Pub sind in Sitzreihen aufgestellt, wie im Kino. Durch ganz Kampala geht ein lautes Roehren, wenn eines der Teams ein Tor schiesst. Ich brauche kein Fussball zu schauen, ich kann in meinem Garten hoeren, wenn gerade ein Tor geschossen wurde. Chelsea ist besonders laut, gefolgt von Arsenal und dann Manchester United. Je nachdem, welches Team dann gewinnt, die ‚Verlierer‘ gehen nach dem Spiel bedrueckt nach Hause und die ‚Gewinner‘ betrinken sich. Wo man sonst kein Geld fuer Lebensmittel oder Schulgebuehren auftreiben kann, fuer ein paar Bier und viel Waragi (dem ugandischen Gin) reicht es dann schon. Am naechsten Tag liest man dann in den Zeitungen die Berichte ueber die Alkohol-Todesfaelle der Fans, die den Sieg ihrer Mannschaft (auch in unwesentlichen Spielen) zu ernst genommen und zu sehr gefeiert haben.

Mein Mann liebt Uganda, denn er ist eingefleischter Manchesterfan seit 33 Jahren. In unserem alten Haus hatte er DSTV installieren lassen und dafuer monatlich 185,000 UGX (ca. 60 EUR) an Gebuehren bezahlt, um damit saemtliche Sportkanaele empfangen zu koennen. Daher war 2010 fuer meinen Mann ein paradiesisches Jahr, endlich mal, nach ueber 30 Jahren, jedes einzelne Spiel von Manchester United sehen zu koennen; egal ob sie in der League spielen oder ein kleines Freundschaftsspiel mit dem Nachbarteam im naechsten Dorf.

Das neue Haus hat leider ein sehr kleines Wohnzimmer, so dass wir unsere Musikanlage und Videoprojektor nicht aufstellen koennen. Daher leidet mein Mann nun seit 4 Wochen an ‚Entzugserscheinungen‘ und hat beunruhigende Symptome wie frueh nicht aus dem Bett kommen und dann stundenlang fluchend am langsamen ugandischen Internet zu sitzen und die Spiele im Internet zu verfolgen (BBC Sport oder MUTV Online).

Bevor wir uns wegen Fussball scheiden lassen, habe ich zum Jahreswechsel entschieden, anstatt immer nur rumzumaulen, lieber meine Richtung zu wechseln und mit einem neuen Projekt angefangen. Ich liebe Internet, I liebe Blogging, und vor allem bin ich ganz gut in Mathe und Statistik. Daher habe ich einen neuen Blog unter dem Namen Soccerwidow (Fussballwitwe) gestartet.

Waehrend mein Mann dieses Jahr wahrscheinlich wieder die meiste seiner freien Zeit damit verbringen wird, nun das 34. Jahr passiver Beobachter von Fussballspielen zu sein und Fussball Nachrichten zu lesen, werde ich aktiv meine wachsenden Blogging-Kenntnisse einsetzen, und eine informative Webseite ueber englisches Fussball und Sportwetten aufbauen. Bei den vielen Millionen Fussballinteressierten weltweit, sollte mein neuer Blog doch eine grossere Leserschaft finden als das ‚Randthema‘ Entwicklungsdienst und Uganda? Und dann schoen viele Affiliate-Links und Anzeigenwerbung, und wenn dann meine vielen Leser darauf klicken, verdiene ich als ueberzeugte Nichtfussballerin Geld mit Fussball. Das ist kein Witz! Ich habe mir ganz fest vorgenommen, mich fuer ein Jahr ganz intensiv Fussball und Sportwetten zu widmen. Und mein Mann hat versprochen, mir meine englischsprachigen Artikel zu moderieren. Freude! 🙁

  1. Volker Seitz sagt:

    Ist Manchester nicht das Spielzeug eines arabischen Prinzen während Chelsea nach der Pfeife eines russischen Neureichen pfeift?

    Die vielen Legionäre machen es mir schwer mich mit einem Verein zu identifizieren. Aus diesem Grund interessiere ich mich auch nicht mehr wirklich für meinen Heimatverein (2. Liga abstiegsbedroht).

    In Westafrika -das ich besser kenne- werden auch viele Spiele übertragen, aber die Afrikaner interessieren sich nach meiner Beobachtung nur für Mannschaften in denen ihre Landsleute spielen.

    Mich würde interessieren was die Politik und die Medien in Uganda zu der Krise in der Elfenbeinküste zu sagen haben. Die Bereitschaft, Niederlagen bei demokratischen Entscheidungen hinzunehmen ist in Afrika ja vielerorts wenig entwickelt.

  2. Ali sagt:

    Ich bleibe dann doch lieber dem Randthema auf diesem Blog treu. Mit Fußball kann ich ja so gar nichts anfangen… 🙂

  3. kibobo sagt:

    „Mich würde interessieren was die Politik und die Medien in Uganda zu der Krise in der Elfenbeinküste zu sagen haben. Die Bereitschaft, Niederlagen bei demokratischen Entscheidungen hinzunehmen ist in Afrika ja vielerorts wenig entwickelt.“
    Wie es bei Elfenbeinküste war weiss ich nicht. Aber bei Marokko und Tunesien hat z.B. Newvision (die meistverbreitete ugandische Zeitung, die jedoch von der Regierung kontrolliert wird) kaum darüber berichtet. Und SMS in denen die Wörter Marokko oder Tunesien enthalen waren sind plötzlich nicht mehr angekommen. Und zwar so häufig dass es aufgefallen ist.

  4. Volker Seitz sagt:

    Ich nehme an über den Kauf der russischen Suchoi-Jagdbommer trotz Hungerkrise, -die auch Uganda betreffen soll- wird in ugandischen Medien nicht berichtet. Vergleiche Homepage Bonner-Aufruf.eu unter NEUES.

  5. kibobo sagt:

    Das stand heute doch tatsächlich im Observer!
    In Newvision wahrscheinlich nicht, aber ich habe nicht nachgeschaut.

    Und ja, die Hungerkrise/Dürre betrifft auch Teile Ugandas.
    Ich kanns kaum glauben, so grün wie ich das Land kennengelernt hatte. Und ich spreche nicht vom Nordosten, sondern von Namutumba, Karamoja usw die normalerweise wirklich grün sind.
    Unsere Felder in Namutumba sind im Mai von einem Hagelsturm zerstört worden. Nun herrscht auf den gleichen Feldern Dürre. Verrückt.

    Und dann Jagdbomber?