Tausendundein Whistleblower…

No idea what the name of this plant is

Ich habe den Eindruck, dass es selten laenger als 5 Monate braucht, bis bei Leuten, die ohne Erfahrung in der EZ in Entwicklungslaender einreisen und dort leben und arbeiten, der Groschen faellt. Bei manchen geht es schneller, andere brauchen laenger, aber nach 5 Monaten hat es dann der letzte geschnallt (so wie ich)… Und wenn man sich dann traut, schreibt mann/frau etwas dazu…

Hier drei Beispiele von jungen Leuten, die mit dem Weltwaerts – Programm im September 2009 mit ihrer jeweiligen Organisation in drei verschiedene Entwicklungslaender ausgereist sind:

Alex in Mongolia, 23.10.2009:
“Langsam bekomme ich einen Einblick wie der Hase hier laeuft. Das hat wenig mit mir persoenlich zu tun und wen das nicht interessiert, der braucht es ja auch nicht lesen. Bisher hab ich gedacht, dass meine Organisation und mein Projekt durch auslaendisches Geld finanziert wird. Dafuer hol ich jetzt aber mal aus…”
Les’ den ganzen Eintrag in Entwicklungshilfe fuer amerikanische Bauern

Julia in Kampala, 23.01.2010:
“Souvenirs – sie werden gekauft und mit nach Hause gebracht, in die Vitrine gestellt und dann gesagt „hey, ich habe ein typisches Stück meines Urlaubslandes mit nach Hause gebracht“. Lass es ein Schachbrett dessen Figuren afrikanische Motive aufweisen, Ohrringe, die von Frauen in Handarbeit hergestellt werden oder Salatbesteck in Afrikaoptik sein. Die Vielfalt ist groß.
Als ich 2008 in Namibia war, bin ich auch mit dem einen oder anderen schönen Erinnerungsstück nach Hause gekommen. Und jetzt? Wohne ich seit fünf Monaten in Uganda und meine Meinung oder vielleicht eher mein Eindruck gegenüber solchen Dingen hat sich gewandelt….”

Auszug aus Wer oder was ist eigentlich Uganda?

Jakob in Bangladesh, 31.12.2009:
“Alleine in Bangladesch gibt es über 20.000 registrierte NGOs, Nicht-Regierungsorganisationen, die in irgendeiner Art Programme der Entwicklungshilfe durchführen. Davon sind ca. 2.000 Vereine autorisiert, internationale finanzielle Mittel zu beantragen und zu verwalten. Dieses Universum an Organisationen erreicht, vor allem durch Mikrokreditprogramme, Millionen von Menschen und bildet eine Art Parallelstaat, der in allen Gebieten des sozialem Leben tätig ist…”
Artikel weiterlesen: Das Königreich der NGOs

Ich selber bin Ende August “aufgewacht” (nach etwas mehr als 5 Monaten in Uganda); den Blog habe ich Anfang Januar angelegt (4 Monate spaeter), weil die unverarbeiteten Gedanken einfach nicht mehr zum Aushalten waren. Seit einem Monat recherchiere ich nun systematisch im Internet zum Thema Entwicklungshilfe und komme ueber mehr und mehr kritische Stimmen.

Anfangs dachte ich, ich sei ueberkritisch, und es waere nur eine kleine, ausgewaehlte Gruppe, die hier abends und an Wochenenden ueber Missstaende herzieht; meinen Block habe ich anonymisiert, da ich nicht die Erste und Einzige sein wollte, die laut sagt, wovon alle reden. Und ich muss zugeben, dass ich mich (immer noch nicht) so richtig traue, meine Meinung zu EZ offen auszusprechen, zumindest nicht im offiziellen Rahmen.
Aber ich stelle fest: Ich bin tausendundein Whistleblower: ich bin eine von tausenden, wahrscheinlich zehntausenden Menschen, die sich Fragen stellen, die versuchen zu verstehen und laut zu denken… Gottseidank bin ich nicht die erste und einzige, und es freut mich enorm, dass es ganz viele, total intelligente, gut gebildete, charismatische Leute gibt, die sich die selben Fragen stellen.

Jedoch wann werden diese vielen Worte eine Aenderung bewirken?

Ich schliesse mich der Gruppe an, die sagen:
Weniger ist mehr! Wir muessen aufhoeren, die Entwicklungslaender mit unserem Geld und unseren Ideen zu ueberschuetten. Es ist zu viel Schaden angerichtet worden, mehr als zu verantworten ist.

Gestern habe ich einen Beitrag gelesen, da wurde gefragt, wer hat denn die Entwicklungsdienste dazu legitimiert, Entwicklunsgdienst zu leisten?

Und ich frage mich, wie ist es mit der Verantwortung? Kann man irgendjemanden verantwortlich machen? Wahrscheinlich nicht, Beispiele fuer Kollektivhaftung kenne ich keine der Welt, und dies hier, erfasst nicht nur eine Diktatur, oder ein Land. Es ist die ganze grosse globale Welt, die hier mitmacht.

Tausende, wenn nicht zehntausende, sagen, dass sich etwas aendern muss, und trotzdem ziehen alle irgendwie mit, gehen mit, machen mit.

Ich habe am Anfang des Artikels geschrieben, dass es selten laenger als 5 Monate braucht, bis bei Leuten, die ohne Erfahrung in der EZ in Entwicklungslaender einreisen und dort leben und arbeiten, der Groschen faellt. Wie lange braucht es, bis man sich damit abgefunden hat, abgestumpft ist, damit klarkommt, die Augen zudrueckt und, ohne sich weitere Gedanken zu machen, einfach mitmacht, so wie alle anderen?

Entwicklungshilfe Kritik ist so alt wie eine Entwicklunghilfe selbt. Ich habe 40 Jahre alte Beitraege dazu gefunden (siehe auch unter Entwicklungshilfe Kritik), aber geaendert hat sich scheinbar nicht viel.

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