Strassenverkehr in Kampala

Hier ein kleiner Film vom Strassenverkehr in Kampala: man entwickelt sich hier definitiv zu einem sehr reaktionsstarken Fahrer mit Augen vorne, hinten und an beiden Seiten. Trotz der chaotischen Fahrweise hier, habe ich aber bisher nur einen einzigen Unfall gesehen, und zwar ein Fahrzeug, was in einen Strassengraben gerutscht war. Man sieht eigenartigerweise auch keine liegengebliebenen Fahrzeuge, obwohl hier wahrscheinlich kein einziges Auto auf der Strasse faehrt, was juenger als 5 Jahre ist, die meisten Fahrzeuge sind 15 und aelter.

Jedoch die Statistik sagt, dass Kampala eine der hoechsten Unfallquoten in der Welt hat und in einer Woche soll es durchschnittlich 30 Verkehrstote geben. Kein Wunder… die Leute fahren kreuz und quer und die einzige Verkehrregel, die es hier anscheinend gibt, ist: Gib’ Dir Muehe, nicht in ein anderes Fahr reinzufahren oder einen Fussgaenger umzufahren!

Es ist Linksverkehr, d.h. die Fahrzeuge sollten sich auf der linken Seite in die eine Richtung und auf der rechten Seite in der Gegenrichtung bewegen; wobei es aber keinesfalls ausgeschlossen ist, dass sich Fahrzeuge (vor allem Mopeds) auf der linken Seite in Deine Richtung bewegen bzw. Deine Fahrrichtung kreuzen… Ueberholt wird ueberall, sofern man ein schnelleres Fahrzeug hat als der Vorgaenger… man geht wahrscheinlich davon aus, dass der Gegenverkehr keinen Unfall haben will und schon zur Seite ausweichen wird; wobei das zur Seite ausweichen seine Ecken hat, denn oft ist die Seite uebervoelkert mit Fussgaengern (Fusswege gibt es nicht ueberall) bzw. mit tiefen Strassengraeben oder einfach grossen Loechern. Gullis haben nicht unbedingt eine Abdeckung und wenn man in Einfahrten reinfaehrt, muss man Ausschau halten, dass man die Raeder seines Fahrzeuges auf den intakten Abdeckungen balanciert. Dennoch bewegt sich der Verkehr recht zuegig mit 50 kmh oder mehr, ungeachtet von Schlagloechern, Fussgaengern und anderen Verkehrsteilnehmern…

Die beiden male, die ich mit Arbeitskollegen unterwegs war (in Mbale und in Lira; jeweils so um die 200 km), da sind die „alteingessenen“ so mit 140-150 kmh durch Ortschaften durchgesaust, vorbei an belebten Maerkten, Strassen, Schulen und Kindergaerten. Hoffentlich koennen sie sich noch an die eigenenVerkehrsregeln erinnern, wenn sie irgendwann mal zurueck kommen in ihre Laender

Tagsueber geht das ja noch alles, da kann man die BodaBodas (Mopeds mit Passagieren und/oder schwerer Ladung), Matatus (Sammeltaxen) und Fussgaenger ja noch sehen, aber abends ab punkt 19:15 Uhr geht das Oberlicht aus! Sonne weg, natuerlich nirgendwo Lampen und es hilft auch nicht gerade, dass die Leute hier alle schwarz sind. Ich kann einfach nichts sehen! Mein Mann ist zwar etwas besser, jedoch versuchen wir brav jeden Abend puenktlich vor 19:10 Uhr zu Hause zu sein und verbringen unsere Abende dann gemuetlich mit lesen, schwatzen oder Gesellschaftsspielen.

Strassenverkehr in Kampala ist definitiv ein Abenteuer und die Motorrad- und Mopedfahrer hier sind ganz bestimmt die besten in der Welt!

Mein Mann war jetzt mehrmals auf BodoBodas angewiesen (Mopeds) und hat festgestellt, dass er sich sicherer fuehlt, wenn er sich einen Fahrer sucht, der keinen Helm traegt, weil die Helmtrager zu etwas risikoreicheren Manoevern neigen… Ich weiss nicht, ob es in Uganda irgendwelche Sicherheitsbestimmungen gibt, wahrscheinlich schon, nehme ich an, aber eingehalten werden diese ganz bestimmt nicht!

Kuerzlich bin ich an einen Kreisverkehr herangefahren, der vollkommen zugestopft war, direkt in Front von mir, auf dem Kreisverkehr, ein Minibus, weniger als 10 cm von meiner Stossstange entfernt. Eine verzeifelte Polizistin, die versuchte, den Verkehr zum Rollen zu bringen… schaute zu mir ins Fenster „Komm’ fahre schon, fahre!“… als ich nicht gleich losfuhr (wie gesagt, 10 cm vor meiner Stossstage stand ein Minibus quer)… „Du bist wohl noch nicht an den Verkehr hier gewohnt? Komm’ fahre!“

Passagiere fahren ueberall mit… gegebenefalls uebereinandergestapelt… nicht unbedingt nur auf den dafuer vorgesehenen Sitzen… auf Daechern, in Lastwagen auf der Ladeflaeche, im Sitzen, im Stehen; es ist nicht ungewohnlich ein Motorrad mit 3 Passagieren zu sehen, oder einen Pickup mit 6-8 Leuten auf der Ladeflaeche…

Aber irgendwie ist es in Wirklichkeit gar nicht so schlimm wie es den Eindruck macht… Wenn ich fahre, fuehle ich mich sehr selten gestresst und ausser 1-2 „gefaehrlicheren“ Situationen pro Fahrt, passiert eigentlich nichts und diese 1-2 „gefaehrlicheren“ Situationen erlebt man eigenartigerweise in Europa auch, trotz dem enorm geregelteren Strassenverkehr. Ich erinnere mich in England an die engen gewundenen heckenbewachsenen Strassen, wo in der Kurve aus dem Nichts Gegenverkehr geschossen kommt; oder in Deutschland an die Autobahnen, wo man bei 140/150 „ausgebremst“ wird oder einer mit Lichthupe im Ruecken, und man kann nicht rueber, weil man gerade einen LKW ueberholt; die vielen parkenden Autos in Staedten, scheinbar sichere Strasse und ploetzlich kommt jemand zwischen den Autos rausgeschossen… das passiert hier einfach nicht! Es gibt hier keine Autobahnen, auf denen man rasen kann, sich sicher fuehlt und ausgebremst werden kann… es gibt hier zwar viele parkende Autos, aber da Leute zu Hunderten kreuz und quer unterwegs sind, gibt es nicht die scheinbare Sicherheit und dann ploetzlich das eine Kind, welches rausgeschossen kommt… es gibt hier hunderte Menschen, die kreuz und quer auf der Strasse rumlaufen… so gibt es diese Ploetzlichkeitseffekte hier einfach nicht!

Ist das gut? Sind Verkehrsregeln ueberfluessig?

Originaler Text – Email an Freunde am 11.6.2009