Invitation for a smile

Zwei Kommentare haben mich zum Nachdenken gebracht; das eine ist ein Kommentar in meinem eigenen Blog und ich werde da gefragt, mal den Zusammenhang zwischen Erfahrungen in der ehemaligen DDR und Entwicklungshilfe zu untersuchen. Der andere Kommentar ist im Blog Tödliche Entwicklungshilfe? und bezieht sich auf die Notwendigkeit “ehrlicher Wirkungsprüfungen”.

Auf den Kommentar im Blog zur Notwendigkeit “ehrlicher Wirkungsprüfungen” habe ich wie folgt geantwortet:
“Ehrliche Wirkungsprüfungen… Wie macht man diese? Keiner will den eigenen Job verlieren; die grosse Kette, in welcher so viele Menschen um ihre Arbeitsplaetze bangen – die lokale Partnerorganisation, die eigene Landesdirektion, Headquarters in Deutschland, BMZ – und dann noch all die externen Consultants, die ihren Lebensunterhalt mit externen Pruefungen verdienen (habe ich jemanden ausgelassen?).
Ich bin gerade dabei einen internen Bericht fuer meine Entsendeorganisation zu schreiben, der eine “ehrliche Wirkungsprüfung” enthalten wird. Es wird ein ganz toller Bericht werden, mit vielen Inpacts and Outcomes und was wir alles Tolles erreicht haben; jede Menge Indikatoren, die das beweisen. Man wird maechtig zwischen den Zeilen lesen muessen, um zu sehen, dass da vielleicht etwas nicht so toll ist, wie letztendlich geschrieben, und Papier ist geduldig.”

Was hat mein Kommentar in Bezug auf „ehrliche Wirkungsprüfungen“ im Entwicklungsdienst mit meinen DDR-Erfahrungen zu tun? Und warum habe ich dem Artikel den Titel “Selbstzensur und vorauseilender Gehorsam” gegeben? Jetzt muss ich aber maechtig ausholen…

Ich bin die Tochter eines Dissidenten und Dissidenten waren nicht gern gesehen in der DDR; denn sie stellten unangenehme Fragen und bildeten Netzwerke. Es war eine staendig wachsende Gruppe von Menschen, die aktiv versuchten etwas zu aendern, denn eigentlich war die DDR gar nicht so schlecht, das Leben war sicher, jeder hatte Arbeit, und man hatte so ziemlich alles, was man so zum Leben braucht und die urspruengliche Idee, die hinter Sozialismus stand, war eine ziemlich gute.

Die Eltern meines Vaters waren aktive Antifaschisten, sie spielten eine grosse Rolle im Zusammenbruch des Faschismus und eine noch groessere Rolle im Aufbau der DDR. Aber bereits in der 60er Jahren, keine 20 Jahre nach Gruendung der DDR, hatte sich das System jedoch verselbststaendigt und eine fragwuerdige Eigendynamik entwickelt, dass mein Vater, der im Herzen der reinste und beste Kommunist war, den man sich nur vorstellen konnte, sich das nicht mehr weiter ansehen konnte und wollte. So wurde er ein Dissident und so war ich mittendrin, denn ich war seine Tochter.

Viel betroffen hat mich das nicht, ich war zu klein. Natuerlich habe ich viele politische Diskussionen ueberhoert und ich kannte die Crème de la Crème der Dissidentenschaft in der DDR alle persoenlich.

Meine Geschichte hier, spielt 1985: Ich war 16 Jahre alt und inmitten meines Abiturs. Ich war eine der leistungstaerksten Schuelerinnen meines Jahrgangs im Gymnasium, wenn nicht sogar die beste. Mein Zeugnis glaenzte mit Einsen und nur in Franzoesisch war eine Zwei. Es wurde sogar in Erwaegung gezogen, mich zum Studieren ins “westliche Ausland” zu schicken.

Alles ging gut fuer mich, bis zu dem Zeitpunkt, dass mein Vater mit seinem Dissidentendenken fuer einige in der DDR doch etwas zu weit ging und verhaftet wurde. An sich waere mich das nichts angegangen; meine Eltern waren seit 10 Jahren geschieden und ich lebte mit meiner Mutter.

Und an dieser Stelle kommen nun die Begriffe vorauseilender Gehorsam und Selbstzensur ins Spiel.
Ich habe keine Ahnung, wie der Direktor meiner Schule herausfand, dass mein Vater aus politischen Gruenden verhaftet wurde. Ich bezweifle (aber ich werde vielleicht doch mal meine Stasi-Akten zur Einsicht anfordern), dass es da eine offizielle Stellungnahme und Order von oben gab. Ich denke eher, dass er oder jemand von der Lehrerschaft, diesen Fall im (in der DDR verbotenen) Spiegel gelesen haben muss oder im “Westfernsehen” gesehen hat, denn kurz nach meines Vaters Verhaftung wurde ich von Lehrern darauf angesprochen, ob ich das auch gesehen haette und sie waeren extra nach Berlin gefahren, weil es da Empfang gab. Ich wusste von keinen Sendungen und von keinen Artikeln und es war mir auch keine 3-Stunden-Fahrt nach Berlin wert, einmal “Westnachrichten” zu schauen.

Wie ging es nun weiter?
Wie gesagt, ich bin mir ziemlich sicher, dass es da keine “Anweisung von oben” gab.

Das ganze passierte genau zu dem Zeitpunkt, als ich meine 10. Klasse beendete und ich war auf einem Gymnasium, wo man nur der Form halber die 10. Klassen Pruefungen ablegen musste, weil wir sowieso alle so gut waren, dass es keine Bedenken gab, dass wir unser Abitur machen werden. Bereits im Februar hatten wir unsere offiziellen Schreiben erhalten, dass wir zum Abitur zugelassen waren.

Nun hatte ich also dieses offizielle Schriftstueck in der Hand, und es gab keine “Anordnung von oben”, so hatte mein armer Direktor ein Dilemma; denn er war der Ansicht, dass Kinder wie ich kein Recht auf eine kostenlose Ausbildung in der DDR haben und er war sicherlich auch der Ansicht, dass “die da oben” genauso denken und es begruessen wuerden, wenn er sein Bestmoeglichstes gibt, um zu verhindern, dass ich meine Ausbildung abschliesse.

Und so, wie wir hier in Uganda im Entwicklungsdienst alle brav mitziehen und unsere tollen Reporte schreiben, was fuer exzellente Entwicklungsarbeit wir hier leisten, ohne eigentlich dazu Anweisung zu haben, einfach im Glauben, dass wir im Sinne unserer Regierung und Entsendeorganisation handeln, so zogen in meiner Schule alle Lehrer mit…

Es passierte das absolut unglaubliche, noch nie dagewesene.. In der Schule, wo die 10. Klassen Pruefungen nur pro Forma abgehakt wurden und jeder Schueler maximal 2 muendliche Pruefungen hatte, und auch dort nur in Faechern, wo man wusste, dass die dem Schueler liegen, wurden bei mir muendliche Pruefungen fuer jedes einzelne Fach angesetzt (ich kann mich nicht mehr erinnern, aber es waren so um die 10-13).
Nun war ich in jedem einzelnen Fach auf Eins, das hiess, um mich aus der Schule “rauszukriegen”, musste man es schaffen, mich auf Fuenfen zu pruefen, so dass ich dann im Durchschnitt Dreien auf dem Zeugnis bekomme und, wenn mehr als die Haelfte Dreien auf dem Zeugnis sind, dann haette man einen guten Grund, mir die bereits gegebene Zusage fuer’s Abitur wieder zu entziehen.

Wie bereits geschrieben, die Lehrer zogen mit, im vorauseilenden Gehorsam, etwas Gutes zur Entwicklung der DDR beizutragen.

Ich will hier nicht weiter ausholen; ich habe es geschafft. Es war denen nicht in einem einzigen Fach gelungen, mich auf Fuenf zu pruefen; in manchen hatte ich sogar Einsen und Zweien geschafft, obwohl mir Abiturfragen und was weiss ich noch fuer Fragen gestellt wurden. Mein Zeugnis der 10. Klasse glaenzt allerdings leider nicht mit 100% Einsen, so gut war ich dann doch nicht. Ich habe trotz dieses Mobbings, die Haelfte Einsen, den Rest Zweien und nur eine Drei; das war aber leider nicht „schlecht“ genug, mich rauszuschmeissen.

Was ich hier, in meiner fruehen Jugend, erlebt habe, war ein Extrembeispiel an “vorauseilendem Gehorsam” – Leute, die glaubten, etwas tun zu muessen, im Glauben, dass sie dem System da einen Gefallen tun, dass es so von ihnen erwartet wird. Diese Geschichte passierte nur vier Jahre vor dem endgueltigen Zusammenbruch der DDR, 40 Jahre nach dem Sieg ueber den Faschismus.

Was hat dieses Erlebnis aus der ehemaligen DDR mit Entwicklungshilfe zu tun?

Menschen neigen zu vorauseilendem Gehorsam und Selbstzensur. Es ist ein menschliches Phaenomen und es passiert ueberall, auch hier bei uns in Uganda.

Ich bin kein Psychologe, und kenne keine wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema dieses Phaenomens, aber ich wuerde denken, dass es mit Gruppendruck zu tun hat, mit der menschlichen Eigenschaft in der Arbeit zu glaenzen, Lob zu erhalten, Karriere zu machen – also individueller Erfolg; andererseits aber der Wunsch angepasst zu sein, nicht aus der Masse zu sehr herauszubrechen und dabei negativ aufzufallen. Ob das Phenomen mehr in Deutschland ausgepaegt ist, oder in ausgewaehlten entwickelten Laendern, oder in der ganzen Welt, das weiss ich nicht und ich habe leider nicht so viel Zeit, darueber intensiv zu recherchieren. Ich kann da lediglich auf Wikipedia Eintraege verweisen und auf die zahllosen Artikel im Internet, wenn man die Schlagwoerte in Google eingibt. Auch “politische Korrektheit” kommt in diesem Zusammenhang, sobald man ein paar Artikel dazu liest.

So, wo sehe ich den Zusammenhang von Entwicklungshilfe und der ehemaligen DDR?

Beide Systeme hatten und haben grossartige Ideologien und haben versprochen und versprechen, zu helfen, eine Aenderung zum Besseren herbeizufuehren, Menschen von der Armut zu befreien und mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Beide Systeme haben es erreicht, dass eine ganze Nation (und im Falle von Entwicklungsdienst, die gesamte Welt), der Ideologie folg(t)en. Und beiden Systemen gemeinsam ist, dass Millionen gebildete, intelligente, aktive Menschen mitziehen, mitmachen, mitgehen; beide Ideologien haben gemeinsam, dass Selbstzensur im grossen Rahmen existiert, vorauseilender Gehorsam geuebt und auf politsche Korrektheit geachtet wird, ohne dass es irgendeine zentrale Stelle gibt, die das vorgibt und ueberwacht (selbst die Stasi in der DDR hatte diese Rolle nicht gehabt). Beide Systeme haben nach einer gewissen Zeit eine Eigendynamik entwickelt, die keiner vorhergesehen und niemand so erwartet hat, als diese Systeme gestartet wurden. Aber beide Systeme hatten von Anfang an ihre Kritiker, und die Stimmen wurden dann irgendwann immer lauter, bis der Sozialismus zusammenbrach. Wann bricht Entwicklungshilfe zusammen?

Wir koennten vielleicht lernen, vom Scheitern des Sozialismus in der DDR, und die Erkenntnisse dann auf Entwicklungshilfe anwenden… Was ist da falsch gelaufen? Was haette man anders machen muessen? Was hat schliesslich zum Zusammenbruch des Systems gefuehrt?

Es ist Geschichte – die DDR starb vor 20 Jahren; wir muessen das Rad nicht neu erfinden. Lasst uns kritisch auf die grossartige Idee von Entwicklungshilfe schauen, und im Geschichtsbuch blaettern und vom Scheitern einer grossartigen Vision der Vergangenheit lernen. Oder wollen wir das vielleicht gar nicht?

  1. Roter Kater sagt:

    In allen Systemen spielen Geheimdienste eine entscheidende Rolle. Ohne denen würden die Systeme schnell zusammenklappen.

    Auch Dein Direktor hatte Anweisungen, das ergeben bestimmt die Stasi-Akten. Man kann ja mal suchen. Diese Anweisungen waren „leider“ nicht ausführbar, weil es auch in der DDR gewisse gesetzliche Spielregeln gab. Nicht so weit von den in Deutschland heute geltenden entfernt.

    Es gibt die Theorie der Macht. Die Selbstzensur gehört dazu. Diese ist aber immer das eindeutige Zeichen dafür, dass das System nicht stabil ist und irgendwann zusammenbrechen wird.

  2. bellusci sagt:

    Ich stimme zu, der Kurs geht in Richtung Zusammenbrechen… die letzten Jahre vor dem Zusammenbruch der DDR herrschte eine aehnliche Stimmung, wie jetzt hier zwischen Expats:
    – Angst, miteinander Klartext zu reden
    – Eigene Gedanken sehr vorsichtig formulieren
    – Nach neuen Jobs und Perspektiven Ausschau halten
    – Sich ins Privatleben zurueckziehen
    Auch hat sich die Zahl der kritischen Stimmen in Bezug auf Entwicklungsdienst in den letzten 5 Jahren um ein Mehrfaches vervielfacht; immer mehr Leute schreiben Buecher dazu, Blogs, Publikationen… auch das hatten wir in der DDR, wo mehr und mehr Menschen ueber Ungarn in den Westen davonmachten und damit ihren Unmut zeigten, es war zum Schluss wie eine Lawine; und dann ganz zum Ende zu, die Demonstrationen, die das gesamte Land erfassten…

    Ich haette nie gedacht, dass man so grosse gesellschaftliche Umbrueche zwei mal im Leben miterleben kann.

  3. Roter Kater sagt:

    Die sich selbst Zensierenden kommen ganz gut über die Runden. Sie takten sich gut ein in die neuen Systeme. Ein gutes Beispiel ist unsere Kanzlerin. Die „Wahrheit“ immer offen zu sagen, kann von Dummheit zeugen.

    Ich meinte das Verhalten der DDR-Bürger zur Arbeit und deren zwangsweise „Wandlung“ nach der Revolution 1989. All diese Erfahrung mit der entfremdeten Arbeit könnten ein Ansatzpunkt sein für die Bewertng des Verhaltends der Ugander an ihren Arbeitsplätzen.

    Die Aufstülpung unserer gewünschten Arbeitsmoral ist bestimmt nicht der Weisheit letzter Wunsch.

  4. bellusci sagt:

    Hatte ich auch so verstanden, aber meine Gedankengaenge waren dann wohl etwas abgewichen nachdem ich das Kommentar zu “ehrlichen Wirkungsprüfungen” gelesen hatte; Mensch denkt eben nicht immer geradlinig.

    Zum Verhalten der Ugander und auch wie das ist, wenn man sich zwangsweise wandeln muss, und wie wir das in der DDR erlebt hatten, kann ich spaeter ja mal einen ausfuehrlicheren Artikel schreiben; aber einen guten Artikel zu schreiben braucht so seine Zeit. Ausserdem hatte ich ja schon mal einen Gedankengang in diese Richtung, in einem meiner vorherigen Artikel in: Entwicklung vs. Ugander

  5. bellusci sagt:

    Meine Gedanken arbeiten…

    – Vereinfachen statt zu verkomplizieren
    – Strukturen haben, wo kleine Einheiten entscheiden und handeln koennen ohne Angst vor Folgen
    – Selbstinitiative foerdern statt zu „bestrafen“

    Zu komplizierte Strukturen und zu viel Kontrolle sind toedlich – das fuehrt zu unueberschaubaren Ketten an verantwortlichen Abteilungen und Beteiligten, in welchen keiner dem anderen schaden (vor allem auch nicht sich selbst), keiner negativ auffallen will – und daher zwangslaeufig zu Selbstzensur und vorauseilendem Gehorsam.

    Wir befinden uns hier in einer Spirale – wie in meinem vorletzten Artikel Tausendundein Whistleblower… geschrieben, der Groschen faellt, so ziemlich bei jedem, ziemlich schnell; und (fast) jeder stellt sich die Frage nach dem Sinn von Entwicklungshilfe, nach dem Sinn des eigenen Beitrags. Doch niemand will der Buhmann sein, also wird beschoenigt – vor allem weil ja auch schon die Vorgaenger beschoenigt haben, und deren Vorgaenger, u.s.w..

    • Volker Seitz sagt:

      „Ehrliche Wirkungsprüfungen“ kann es nur von einer u n a b h ä n g i g e n Institution geben. Nach meinen Erfahrungen kann dies nur der Bundesrechnungshof sein. Allerdings prüft er heutzutage nur die Zahlen. Was er braucht ist ein Stab von Menschen, die von der EZ etwas verstehen und die Projekte vor Ort prüfen. Der Rechnungshof ist wirklich unabhängig. Jeder Prüfer hat richterliche Unabhängigkeit.
      Heute gibt es keine Transparenz, die wir von den afrikanischen Regierungen immer verlangen. Jede Organisation prüft sich selbst bzw. wird von Mitarbeitern derselben Organisation evaluiert. Wenn es einmal nicht so ist, wird sich jeder Consultant sehr genau überlegen was er schreibt, denn sonst wird es keine Anschlußaufträge geben. Unabhängig kann er nicht sein.
      Ich habe dies in meinem Buch“Afrika wird armregiert“ ausführlich beschrieben und auch Vorschläge gemacht.
      Wenn sich an dem System nicht ändert bleibt es bei der Feststellung der Süddeutschen Zeitung: „Entwicklungshilfe ins Blaue hinein“

      • bellusci sagt:

        Ich erinnere mich an eine heisse politische Diskussion in unserem Hause mit meinen Grosseltern (ich erinnere: beide waren in der DDR Fuehrungsriege). Es ging darum, dass immer mehr und mehr Leute der Partei (SED) beitreten, die keine Kommunisten sind und das nur machen, weil sie sich Vorteile versprechen. Meine Grossmutter sagte dazu, dass sie das zulassen, um Kontrolle ueber diese Leute zu behalten, worauf meine Mutter fragte, ob sie denn nicht Angst haetten, dass diese Leute irgendwann einmal Kontrolle ueber sie gewinnen wuerden…

        Ich weiss nicht, warum ich mich an diese Diskussion so gut erinnere, ich war da wirklich noch ein sehr kleines Maedchen und diese Diskussion fand irgendwann Anfang der 70er Jahre statt, aber ich sehe noch heute, wenn ich meine Augen schliesse, meine Eltern und Grosseltern darueber streiten… und wie wir alle wissen, war dann in den 80er Jahren von der eigentlichen Idee und Partei nicht mehr viel uebrig…

        Auch in der DDR gab es mit der Zeit immer mehr Behoerden und Kontrollmechanismen, eingerichtet von Leuten, die eigentlich gar nicht mehr an die Idee glaubten…
        Eine Spirale… die irgendwann mal anfing und 1989 dann zusammenbrach.

        Daher kann ich die Idee mit einer u n a b h ä n g i g e n Institution/ Kontrollkommission nicht wirklich unterstuetzen; noch einen Deckel auf einen bereits vorhandenen Deckel und dann noch einen, aber der Topf brodelt bereits und kocht fast ueber. Der zusaetzliche Deckel stellt das Brodeln nicht ab; er verschiebt lediglich das Ueberkochen auf einen spaeteren Zeitpunkt!

        Die DDR ist seit 20 Jahren vorbei und wir sollten in der Lage sein emotionslos die Geschehnisse aufzuarbeiten, ohne Individuen auf die Fuesse zu treten. Warum wird das nicht gemacht?

        U n a b h ä n g i g e Einrichtungen: es gibt AidWatch, es gibt eine Menge Universitaeten, die sich mit Entwicklungshilfe beschaeftigen, und es gibt sicherlich noch viele andere unabhaengige Organisationen, die ich nicht kenne.

        Eine unabhaengige Institution in Deutschland wird eine Deutsche Institution sein, also Deutschland verpflichtet. Wirkliche U n a b h ä n g i g k e i t kann nicht moeglich sein. Man beisst nicht in die Hand, die einen fuettert.

        Dass Entwicklungshilfe eine Menge Schaden angerichtet hat, ist bekannt, da braucht es keiner unabhaengigen Kommission, um das noch einmal festzustellen.

        Warum machen wir eigentlich Entwicklungshilfe?

  6. Volker Seitz sagt:

    Das kann ich nicht nachvollziehen. Wenn eine deutsche unabhängige Institution Deutschland verpflichtet ist muß dies nicht schlecht sein. Ich würde mir sogar wünschen, dass Deutschland Interessenpolitik betreibt. Leider war dies in all den Jahren (17) in denen ich in Afrika tätig war nicht der Fall. Welche Interessen sollte Deutschland in Afrika haben? Gute Politik ist immer von Interessen geleitet.
    Aus meiner Sicht wären wir doch froh, wenn sich Afrika selbst entwickeln würde und junge Afrikaner wegen der Rechtsunsicherheit und Willkür der dortigen Regime nicht nach Europa fliehen müßten.Die dortigen Eliten reiben sich die Hände weil sie eine unruhige Jugend loswerden und gleichzeitg die Arbeitslosigkeit exportieren. Ein wohlhabendes und selbstbewußtes Afrika wäre natürlich für unsere Wirtschaft interessant. Was ist daran falsch?(Heute geht unsere Wirtschaft in die erfolgreichen Tigerstaaten in Asien)
    Nicht Wirtschaft und freies Unternehmertum schaffen Armut, sondern Gängelungen, staatliche Monopole, Untätigkeit im Bildungs- und Gesundheitsbereich und Unterdrückung der Frauen. Wie es besser geht zeigt Ruanda.
    Die Bundesrepublik hat in Afrika nie eine fragwürdige Interessenpolitik wie China oder Frankreich betrieben.

    Durch Steuerflucht fließt jedes Jahr aus dem Süden rund sechsmal so viel Geld ab, als der Norden durch Hilfe beiträgt. Kritik übe ich auch an den Agrarsubventionen der USA und der EU. Durch die Subventionen entzieht die Eu (also auch D.) Kleinbäuerinnen (meist sind es ja Frauen) die Lebensgrundlage durch den Export europäischer Dumping Produkte.

  7. CK sagt:

    An sich ein sehr guter Text (der die Probleme großer Gebilde, des Bürokratismus und des Herdentriebs anspricht), aber der Sozialismus war NIE eine großartige Vision.

    Ich verstehe, dass Leute darauf reinfallen konnten, ehrliche Kommunisten die dann zu Dissidenten wurden, aber doch wohl Zeit ihres Lebens nie verstanden haben, dass die ihm zugrundeliegende Idee bereits menschenfeindlich war und die DDR nur das logische Endprodukt dieser Ideologie. Oder sie wollten es nicht wahrhaben.

    Sozialismus (ebenso wie Entwicklungshilfe oder der sog. Wohlfahrtsstaat europäischer Prägung, dessen Auflösung wir in Zukunft beobachten werden) basiert auf den Ideen des Kollektivismus, Altruismus und Paternalismus. Letztere geht immer mit Fremdbestimmung einher, die beiden Anderen mit dem Tod der individuellen Freiheit. Hierzu kann ich nur Ayn Rand empfehlen.

    @Volker Seitz: Die Agrarsubventionen gehören abgeschafft ebenso wie alle Handelsbarrieren. Weltweiter Freihandel ohne Staatseinmischung, sprich freie Marktwirtschaft ist das Gebot der Stunde. Nicht Korporatismus irgendwelcher politischer Eliten und ihrer Freunde bei den großen Wirtschaftskonzernen.

    Afrika könnte der Markt der Zukunft werden.

    @bellusci: Amen. Freie, dezentrale Stukturen sind zentralistischen immer überlegen, Vielfalt immer besser als „One size fits all“, einfache Regeln immer besser als komplizierte, Hilfe zur Selbsthilfe immer hilfreicher als ein an den Tropf hängen und bürokratische Gängelung.